Am
Strand der Lucky Bay haben wir ein Westliches Riesen-Känguru
(Western Grey Kangaroo - Macropus fuliginosus) beobachtet,
dass den ganzen Nachmittag über die angespülten
Tangreste beschnupperte, aber den Tang nicht fraß. Wie
sollte dieses Tier nur seinen Nährstoffbedarf decken,
denn weder Gräser noch Kräuter waren dort zu finden.
Abends
konnten wir das Tier beim Fressen beobachten: Das Känguru
hatte einen angeschwemmten toten Fisch (vielleicht ein verschmäter
Fang eines Anglers) zwischen Tang gefunden. Es fasste den
Kadaver mit den Vorderpfoten und biss mit Hilfe der Schneidezähne
am Kopf beginnend Stücke davon ab und zerkaute sie langsam,
bis es den gesamten Fisch vertilgt hatte (siehe Bild unten).
Carnivorie
(Fressen von Fleisch) bei Kängurus (Macropoden):
Kängurus
(die typischen Arten Riesenkängurus, Wallaroos, Wallabies
usw.) sind Weidegänger, sie nehmen im australischen Ökosystem
die Stelle der Paarhufer (also der Rinder, Hirsche, Schafe,
Antilopen usw.) der alten Welt ein. Normalerweise weiden sie
Gras, fressen aber auch junge Baumschößlinge, junge
Blätter oder Getreidekörner. Manche entwenden sogar
Touristen das Brot vom Frühstückstisch. Sie ernähren
sich also herbivor.
Sie
stammen von kleinen alles fressenden (omnivoren) Regenwaldbewohnern
ab (die sogenannten Beutelratten = Opossums Amerikas sind
noch recht urtümlich), die sich durch eine Vielzahl von
Änderungen an das immer trockener werdende Klima Australiens
angepasst haben.
Aus den Waldbewohnern wurden Gras fressende Savannentiere,
die nicht nur im Hinblick auf die Fortbewegung, sondern auch
im Hinblick auf die Ernährung und Verdauung Veränderungen
durchgemacht haben. Letzteres gilt besonders für das
Gebiß und den Verdauungstrakt. Deren Merkmale zeigen
eine große Ähnlichkeit (analoge Ähnlichkeit)
zu den Anpassungen der Wiederkäuer, sind aber unabhängig
voneinander, d.h. konvergent entstanden. (Siehe auch Wiederkäuen
bei Bergkängurus)
Gerade
bei den ursprünglichen Tierarten, die den basalen Gruppen
der känguruartigen Beuteltiere (Macopoden) nahe stehen,
wie den Potoroos und den Bettongs und Rat-Kangaroos beobachten
wir jetzt noch eine omnivore Ernährungsweise. Sie fressen
Pflanzen, Insekten und Pilze, die sie beim Durchwühlen
des Laubes finden. Ihr Gebiss ist noch nicht so stark spezialisiert
wie das der eigentlichen Kängurus.
Bei
diesen Tierarten und bei manchen Baumkänguru-Arten hat
man auch in Zoos beobachtet, dass sie Insekten, Hackfleisch,
Eier u.ä. fressen, wenn es ihnen angeboten wird. Aber
keinen Fisch.
Bei
den großen Macropoden (z.B. Graues Riesenkänguru)
ist bekannt, dass sie regelmäßig Zecken fressen,
die sie bei ihrer Fellpflege finden.
Dieses
beobachtete Tier frisst aber Fisch. Ich vermute, dass die
Nahrungsarmut der umliegenden Heide und dadurch bedingt auch
der Nährstoffmangel eine Rolle gespielt haben beim Wechsel
von einer strengen Pflanzen fressenden (herbivoren) Lebensweise
zu einem - vielleicht gelegentlichen - "Genuss"
von Fisch (Carnivorie).
Literatur:
Udo Ganslosser: Zur Carnivorie bei einigen Kängurus ...
in der Zeitschriftt: Zool. Garten N.F. Jena (1981)
Herrn Dr. R. Flößer vom Pfalzmuseum
für Naturkunde danke ich herzlich für das Heraussuchen
der oben genannten Veröffentlichung.
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