Sexuelle Selektion beim Laubenvogel, Vor- und Nachteile:
Die mit den Paradiesvögeln verwandten Laubenvögel zeigen ein faszinierendes Balzverhalten, ein Paradebeispiel für die sexuelle Auslese oder Selektion.
Bei diesen Tierarten entscheiden die Weibchen, nicht die Männchen, die Wahl des Partners. Normalerweise orientieren sie sich an Eigenschaften der Männchen wie Sangeskraft, auffällige Färbungen oder besonderes Schmuckgefieder. An diesen Merkmalen versuchen sie einen gesunden Partner auszusuchen, der die besten Gene an die eigenen Nachkommen vererben kann. Dieses führt in der Evolution zu sehr unterschiedlichem Aussehen der Geschlechter, zu sogenanntem Sexualdimorphismus. Gerade die Verwandten der Laubenvögel, die Paradiesvögel, zeigen dieses im Extrem.
Nur hat diese Auslese einen wichtigen Nachteil: Tiere mit auffälligen Farben oder lautem Gesang werden leichter von Räubern entdeckt und ein Schmuckgefieder ist nicht unbedingt förderlich für das Flugvermögen.
Wer besonders attraktiv für die Weibchen sein will, wird also leichter Beute von Räubern.
Dieses Dilemma haben die Laubenvögel elegant gelöst:
Die Männchen der polygamen Laubenvogel-Arten sind selbst nicht beeindruckend gestaltet, sie sind häufig unscheinbar. Dadurch sind sie besser vor Feinden geschützt. Statt eines Schmuckgefieders bauen sie komplizierte Lauben, die nur der Anlockung der Weibchen dienen. Sie versuchen durch eine perfekt dekorierte Liebeslaube und durch ihr Rufen möglichst viele Weibchen anzulocken. Die Attraktivität der Laube und nicht die eigenen Merkmale sind also entscheidend für den Reproduktionserfolg der Männchen.
Den Weibchen überlassen sie den Bau des napfförmigen Nestes, das Ausbrüten der Eier und die Aufzucht der Jungen. Die "bequemen" Männchen sorgen für ihre Nachkommen nur durch die Weitergabe ihrer Erbanlagen.
Bau der Laube - ein Haus nur für die Liebe:
17 der 20 bekannten Laubenvogel-Arten bauen Liebeslauben. Drei Typen gibt es, wovon nur Arten, die sogenannte Alleen oder Maibäume bauen, in Australien vorkommen. Zu den Baumeistern von Alleen gehört auch der Graulaubenvogel, der aus Stöckchen zwei parallele Wände und davor eine ebene Fläche, eine Tenne, baut, die er besonders schmückt. Die Lage der Laube ist häufig unter einem Busch gelegen, so dass sie nicht der vollen Sonne ausgesetzt ist.
Besonders die Ausschmückung der Laube ist wichtig. Nur die älteren Männchen haben genügend Erfahrung mit der Dekoration, die den Erfolg bei den Weibchen ermöglicht. Junge Männchen gehen mehrere Jahre lang bei den älteren "in die Lehre", und lernen, wie eine Liebeslaube gebaut werden muss. Sie besuchen deren Laube und üben sich am Bau einer eigenen. Der Bau einer perfekten Liebeslaube ist also nicht angeboren, sondern muss gelernt werden.
Da die Laubenvögel ein hohes Lebensalter erreichen – ca. 20 Jahre – und die Vögel sehr ortstreu sind, kann ein Männchen viele Jahre an seiner Laube bauen, um sie zu perfektionieren. Es werden die Stöckchen oder die Schmuckstücke neu angeordnet, neue hinzu getragen, wobei auch passende künstliche gewählt werden können. Dabei sind sie unermüdlich und in der Wahl der Objekte sehr sorgfältig. In ihrer Sammelleidenschaft schrecken sie auch vor Diebstahl nicht zurück, gerne werden benachbarte und gerade einmal unbewachte Lauben geplündert.
Denn die Weibchen sind wählerisch, sie beobachten genau die Güte und den Zustand einer Laube und die Sangesfreudigkeit (wenn man das Knarren Singen nennen will) ihres Besitzers. Sie kontrollieren viele Liebeslauben, ehe sie sich für ein Männchen entscheiden, ehe sie sich begatten lassen.
Die Konkurrenz unter den Männchen ist dabei groß. Auf ein Männchen allein konzentrieren sich ca. 20% aller Begattungen, ein Drittel kommt in einer Saison überhaupt nicht zur Paarung.
Der Schmuck der Lauben ist arttypisch. Er steht in Beziehung zur Färbung der Männchen. So benutzt der Graulaubenvogel weiße oder graue Schneckenschalen oder Knöchelchen für die Dekoration seiner Laube. Der tiefblaue Seidenlaubenvogel dagegen bevorzugt blaue Gegenstände.
Durch den Bau einer Liebeslaube will ein Männchen des Graulaubenvogels ein Weibchen davon überzeugen, dass er der perfekte Vererber für ihre Nachkommen ist.